Robert Walser und Heinrich von Kleist dem literarisch interessierten Publikum vorzustellen, gliche in etwa dem Versuch, den Norddeutschen das Meer oder den Schweizern die Alpen näher bringen zu wollen; aber der Zusammenhang zwischen Robert Walser und Heinrich von Kleist ist nicht jedem Literaturkenner geläufig. Die Beziehung war natürlich einseitig – Robert Walser, ein Bewunderer von Kleist, lebte ja einhundert Jahre später als Kleist – doch sehr interessant, da sie beide eine gewisse Zeit an einem und demselben Ort verbrachten: in Thun, bzw. Kleist auch auf der Aareinsel am Thuner See.
Robert Walser schrieb eine, wie mir scheint, hinreißende Erzählung über Kleist in Thun, etliche Essays über Kleists Tun und Heinrich von Kleist schrieb aus seinem zeitlich begrenzten Domizil in Thun einige interessante Briefe, die über sein Leben etliches aussagen; darüber hinaus schrieb er dort den „Zerbrochenen Krug“, zwar nicht vollendet aber wohl in den wesentlichen Teilen.
Dies alles schien mir interessant genug zu sein, um Beides in einem Buch zusammenzubringen, also:

Robert Walser: Kleist in Thun/Essays zu Kleist
Heinrich von Kleist: Briefe aus Thun/Dramen – in Beispielen

Eine Erzählung und einige Essays, teils in Auszügen, von Robert Walser, Briefe aus Thun und Beispiele aus drei Stücken von Heinrich von Kleist. Mit zehn Farblinolschnitten von Svato Zapletal. Text zweifarbig auf der Linotype aus der Futura ¾ fett und gewöhnlich und aus der Walbaum gesetzt und wie auch die Linolschnitte an einem Heidelberger Zylinder gedruckt. 44 Seiten, 29 x 25 cm, Gesamtauflage 100 Exemplare, wovon 90 Exemplare in den Handel gelangen. Typografie und Gestaltung Svato Zapletal, buchbinderische Verarbeitung Atelier Krupka. Alle Exemplare von Svato Zapletal im Druckvermerk signiert. Hamburg, Sommer 2006.

Die ganze technische Abwicklung und Verarbeitung vom Satz bis zum Druck besorgte das Museum der Arbeit in Hamburg, wobei Klaus Raasch (für den Druck) und Anne von Karstedt (für den Satz und Umbruch) hervorzuheben sind und Ihnen mein Dank für die Geduld und Begeisterung bei der Arbeit an dem Projekt gebührt. Ich bin auch Dr. Jürgen Bönig verbunden, der dieses Projekt im Museum betreute und überhaupt ermöglichte.

„Schreiben scheint vom Zeichnen abzustammen“ schrieb Robert Walser. Und er schrieb zuletzt in einer seltsam winzigen Schrift, die ein bis zwei Millimeter groß, mit dem bloßen Auge nicht leicht zu entziffern ist, vermutlich auch für Walser selbst nicht.
Dies erinnerte ich, als ich mit den Entwürfen zu dem Buch anfing und es schien mir mehr eine Methode oder ein Programm, als eine Schrulle von Walser zu sein. Walser vermied damit auch die Kontrolle des schon Geschriebenen; es kann ein Nachteil sein aber auch ein Vorteil, des „sich immer im Fluss zu befinden“.
Es interessierte mich und ich versuchte es auch als „Methode“ für meine Entwürfe anzuwenden: ich machte fingernagelgroße Zeichnungen, flüchtig hinskizziert, eher um den Mikrogestus zu erforschen. Dann wählte ich aus und vergrößerte es an einem Farbkopierer, zeichnete es immer wieder um, modifizierte es in etlichen Varianten und vergrößerte es erneut: Alle zehn Bilder jeweils in circa vier Stufen, bis die entgültige Größe erreicht war. Die erste Vergrößerung, fast aus dem Nichts, war wie eine Offenbarung eines Geheimnisses, was hinter dem scheinbar Offensichtlichen steckt; denn die Möglichkeiten, „wie weiter?“, schienen unzählig zu sein.
Damit will ich Ihnen nicht nur diese meine „Methode“ näher bringen, wie die Bilder für das Buch entstanden sind, sondern auch den Einfluss verdeutlichen, den ein Schriftsteller auf einen Illustrator, Gestalter, Buchkünstler zu nehmen vermag.
Svato Zapletal