Zwischen den Bildwelten und den Welten des Gesetzes gibt es vielfältige Überschneidungen. Eine der augenfälligsten dürfte die Szene vor Gericht sein, in der Bilder als Beweis und als Emblem vorkommen. Überwachungsvideos oder Fotos sollen einen Tathergang evident machen, Gerichtssaalarchitektur und Roben der Justiz ein emblematisches Antlitz verleihen. Recht und Bilder kreuzen sich auch in Fragen von Copyright und Urheberschutz. Die Rechtsgeschichte schließlich ist voll von Bildern, Bilderstreits, Bilderverboten …

Die Frage nach den Bildregimen des Rechts verdankt ihre Aktualität jedoch auch der Beobachtung, dass der juridische Rahmen der Bilder zunehmend brüchig wird. Das Recht ist im Begriff, seine Hegemonie über Darstellung und Zirkulation von Bildern zu verlieren. Die gegenwärtige Rede von der Macht der Bilder signalisiert – wenn schon keinen Machtwechsel, so doch zumindest einen Machtverlust des Rechts. Bilder proliferieren, sind nicht mehr zurückgebunden an rechtliche Instanzen, vielfältige Agenturen bemächtigen sich ihrer. Kann man diesen Verlust an rechtlicher Bindungskraft mit einem Bildverlust gleichsetzen?

Die im vorliegenden Band versammelten Aufsätze von Juristen, Politikwissenschaftlern, Kunsthistorikern, Philosophen und Literaturwissenschaftlern beleuchten aus interdisziplinärer Perspektive sowohl die Geschichte funktionierender Bildregime als auch die Folgen ihrer Störungen und Wandlung. Sie gehen aus dem von Cornelia Vismann und Thomas Weitin konzeptualisierten Symposium Bildregime des Rechts hervor, das im November 2005 im Rahmen des Programms art, science & business an der Akademie Schloss Solitude stattfand.