Im Lukasevangelium tritt Jesus auffallend häufig in der Rolle eines Gastes auf. Gastgeber Jesu sind Zöllner (Levi, Zachäus), Jüngerinnen und Jünger (Martha und Maria, die Emmausjünger), aber auch Pharisäer. Die meisten der einschlägigen Texte sind Sondergut des Lukas. Seiner Vorliebe für Einkehrerzählungen korrespondiert das Motiv der göttlichen „Heimsuchung“, das an fünf markanten Stellen des lukanischen Werkes auftaucht. Die häuslichen Besuche Jesu lassen sich lesen als narrative Inszenierungen der gnädigen Heimsuchung Gottes bei seinem Volk. Der als Retter, Herr und Lehrer in die Häuser kommende Gast ist in tieferem Sinne eigentlich der Gastgeber.
Die Befragung der Metapher Gast auf ihren Gehalt und ihre christologische Relevanz erweist die „Einkehr-Christologie“ als ein wesentliches Element im Rahmen der heilsgeschichtlichen Konzeption des Lukas.