Neben Osip Mandelstam, Boris Pasternak und Marina Cvetaeva gehörte Anna Achmatova (1889–1966) zu den bedeutendsten russischen LyrikerInnen des 20. Jahrhunderts. Schon früh haben Leben und Werk der Dichterin in der Forschungsliteratur große Resonanz gefunden. Bisher wurde jedoch kaum auf die umfangreiche biblische Motivik in ihren Gedichten eingegangen. Eva Behrisch nimmt diese Dimension in den Blick und analysiert systematisch ihre sinnkonstituierende Funktion. Dabei konzentriert sie sich auf die vier großen Werkbereiche der Dichterin – die Liebeslyrik sowie die poetologische, staatsbürgerliche und philosophische Lyrik – und stellt an relevanten Einzelgedichten die Bedeutung des biblischen Subtextes heraus. Sie zeigt, wie Achmatova die über Jahrhunderte erstarrten, oft zum literarischen Topos gewordenen biblischen Figuren, Geschehnisse und Bilder dichterisch auf ganz eigene Weise verwandelt und zu unerwartet neuen Sinnträgern macht.