Ende des 19. Jahrhunderts war das Zusammenleben der »Deutschen« und »Tschechen« in den böhmischen Ländern von einer zunehmenden Teilung der Gesellschaft nach Sprachnationen bestimmt, die sich in der Ersten Tschechoslowakischen Republik fortsetzte. Auch in den öffentlichen Institutionen ist ein Zusammenhang zwischen nationalem Sprachenkampf und der Entwicklung des deutsch-tschechischen Bilingualismus erkennbar. Mit Blick auf Franz Kafka, der in der Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt tätig war, werden die Kommunikationsabläufe in dieser Institution sowie die tatsächliche Stellung des Deutschen und Tschechischen als Kommunikationsmittel erfragt. Auch geht es um den Bildungsweg Kafkas im Kontext der sprachnationalen Polarität und den damit zusammenhängenden Wandel des Schulwesens. Der vorliegende Band gibt somit nicht nur neue Impulse für die Kafka-Forschung, sondern auch für die soziolinguistisch verstandene Bilingualismus-Forschung, die über die Institu-tionengeschichte hinaus auch für die Geschichtswissenschaft von Interesse ist.