Fiktion, Erzählen und Medien sind ebenso traditionelle wie alltägliche Phänomene in Kunst und Kultur. Ihre Beschreibung gelingt der Literaturtheorie jedoch immer nur unzureichend. Das Buch diskutiert die hier relevanten Theorien, das Prinzip einer ‘regelkonformen Regelverletzung’, welches die genannten drei Phänomene strukturiert. Das als „Faltung“ bezeichnete Prinzip macht eine allgemeingültige Theorie künstlerischer wie nicht-künstlerischer Darstellung unmöglich.
Die Arbeit schlägt vor, die in der einschlägigen Literatur vorherrschende Orientierung an Referenz und Wahrheit unter Wahrung der dort erlangten Ergebnisse zugunsten eines differenztheoretischen Modells aufzugeben. Psychologisch motivierte Begriffe wie ‘Illusion’ oder ‘Immersion’ lassen sich damit durch strukturell charakterisierende Ausdrücke ersetzen.
Das Kapitel über das Erzählen unterzieht den narratologisch bedeutsamen, aber unscharf gebliebenen Begriff der ‘Diegese’ einer kritischen Prüfung. Diegese umfaßt nicht die ‘erzählte Welt’, sondern jenen schwierig abzugrenzenden Ausschnitt der Welt, über den Erzählen Auskunft geben kann. Es zeigt sich dabei, dass das, was ‘Diegese’ bezeichnet, im Zentrum der Probleme steht, Erzählen geeignet zu beschreiben.
Das Buch als Medium wird ausgehend vom erzählerischen Ende analysiert. Dr. Remigius Bunia liefert den ersten umfassenden Überblick über die jüngeren französisch- und spanischsprachigen Arbeiten zu diesem erzählerischen Ende. Von da aus ergeben sich überraschende Resultate über die Medialität des Buches — Typographie, Paratextualität etc. —, aber auch über das Verhältnis von Text und Kontext.
Weil Theorien nicht um ihrer selbst willen da sind, legt die Studie Analysen literarischer Werke vor, die sich erfolgreich gegen Schematisierungen sperren. In der Auseinandersetzung mit diesen Texten erprobt die Arbeit Werkzeuge der Literaturinterpretation, die gestatten, Darstellungen besser zu verstehen und zu beschreiben. Eine Neufassung des Darstellungsbegriffs entsteht: Darstellung kann über Erleben bestimmt werden — allerdings nicht in psychologischer Begrifflichkeit, sondern in Anlehnung an Aristoteles und die klassische sowie moderne Rhetorik.
Zu den ausführlich behandelten Texten zählen „Der Mann ohne Eigenschaften“ von Robert Musil, „Die Lebensansichten des Katers Murr“ von E. T. A. Hoffmann, „Abfall für alle“ von Rainald Goetz, „Tristram Shandy“ von Laurence Sterne, „Les Faux-monnayeurs“ von André Gide sowie „Rayuela“ von Julio Cortázar.