Eine Erzählung, die längst Bestandteil des bayerischen kulturellen Erbes ist: Kasper Brandner soll von der Welt abberufen werden. Deshalb bekommt er Besuch vom Boandlkramer, dem Tod. Mit der sprichwörtlichen bayerischen "Hinterfotzigkeit" gelingt es dem Brandner, den Tod zu überlisten. Er überredet diesen mit Hilfe einiger Kirsch-Schnäpse zum Kartenspiel, bei dem er betrügt und deshalb gewinnt. Der Lohn ist ein Aufschub bis zum neunzigsten Geburtstag. Der Tod zieht frustriert von dannen, wird aber von den himmlischen Mächten sehr gerügt und zurückgeschickt, den Brandner umgehend abzuholen. Mit einiger Mühe gelingt es dem Boandlkramer den Brandner zu einer Spazierfahrt mitzunehmen, von wo aus dieser Einblick ins Paradies genießt. Von den himmlischen Annehmlichkeiten äußerst angetan, möchte der Brandner schließlich nicht mehr zur Erde zurück.
Jan Reiser schafft auf überzeugende Art etwas, an dem sich schon viele im Lande von Laptop und Lederhose vergeblich versucht haben: Am Beispiel des Brandner bringt er endlich Überlieferung, Herkunft und historisch gewachsene Identität mit Gegenwart, Moderne und zukünftiger Identität auf ganz ehrliche Art und Weise zusammen, ohne die üblichen Klischees zu bemühen oder gekünstelte Zusammenhänge zu konstruieren.
Mit sensibler Leidenschaft verleiht er absolut stilsicher der guten alten Gschicht ein bezauberndes neues Gsicht, ohne auch nur ein Fünkchen ihrer Würde anzutasten.
Das eine Ergebnis: Junge Leute lesen heute Kobell im urbayerischen Dialekt, ohne Furcht, sich auf heimattümelndes, bayernpopiges Terrain begeben zu müssen.
Das andere Ergebnis: Ältere Menschen genießen ohne Berührungsängste die moderne Bilderwelt
dieser Comic-Illustrationen, weil Kobells alte Geschichte in sie hineingegossen ist, als hätte sie 136 Jahre auf diese Bilder gewartet.