Die Hamburger Künstlerin Sigrid Sigurdsson befasst sich seit über vierzig Jahren mit dem Phänomen Gedächtnis und Erinnerung. Im Zentrum ihres Interesses steht die Zeit des Nationalsozialismus, die den Ausgangspunkt für ihre Suche nach vergessenen und unerzählten Geschichten bildet.

Das Spektrum ihres umfangreichen Œuvres umfasst Zeichnung, Malerei, Text, Fotografie, Film, Plastik, Rauminstallation und Interaktion. Seit Anfang der achtziger Jahre realisiert Sigurdsson Räume und Projekte, in denen die Rezipienten dazu angeregt werden, ihre eigenen Gedanken und Erinnerungen festzuhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Diese Arbeiten fungieren nicht nur als Sammlungs- und Aufbewahrungsorte, sondern auch als Orte der Kommunikation, an denen sich eine lebendige und kreative Auseinandersetzung mit der Geschichte entfalten kann.

Die vorliegende Untersuchung befragt Sigurdssons künstlerischen Ansatz des ‚Offenen Archivs', das die Rezipienten aus ihrer passiven Betrachterrolle herauslöst und dabei - so die zentrale These - besonders auf eine umfassende Narrativierung von Vergangenheit und Geschichte abzielt. Der erste Teil richtet den Blick auf die Erprobung künstlerischer Erinnerungsstrategien und die Entwicklung einer eigenen Gedächtnismetaphorik in den frühen Arbeiten, die hier zugleich erstmals vorgestellt werden. Der zweite Teil beleuchtet das zentrale künstlerische Konzept der ‚Offenen Archive' am Beispiel des Hauptwerks VOR DER STILLE und weiterer Projekte.