Die Botschaft, die von diesem Ort ausgeht, ist alles andere als deprimierend: Es geht auch ohne Wachstum! Der Verzicht auf ein ewiges 'Höher, schneller, weiter' kann sogar zu neuen, erfreulichen, bereichernden Lebensumständen führen. Eine positive Entwicklung von Städten ist nicht ausschließlich an erweiterte Siedlungsflächen oder Zuwächse an Einwohnern und Geschäften gekoppelt. Im Wenigerwerden lassen sich Chancen finden – endlich gibt es einen Beleg für die stets leichtfertig ausgegebene Tröstungsformel.
Wem in Ostdeutschlands Städten die nicht enden wollenden Abrissszenen aufs Gemüt schlagen, der kann sich an Leinefelde wieder aufrichten. Zugegeben, selbst hier enden alte Erschließungsstraßen nun mitunter auf frischen Wiesen, und ehemalige Vorgartentreppen steigen irgendwo ins Leere – doch Abriss war hier nie das letzte Wort. Die neue, verkleinerte Südstadt ist kein Archipel auseinander driftender Wohninseln und kein verwilderndes Biotop. Natürlich lassen sich lebendige Erinnerungen an das heroische Zentrum der Textilindustrie weder verdrängen noch begraben, doch der Blick auf das Leinefelde von heute kann einem Leben nach der 'Spinne' sehr wohl Idee und Richtung geben. Das Experiment Stadtumbau in Leinefelde wird hier in gebotener Ausführlichkeit dargestellt, nach den Konditionen seines Gelingens wie nach den Chancen seiner Verallgemeinerbarkeit gefragt.