Raum- und Zeitstrukturen sind zentrale Gestaltungselemente mittelalterlicher Erzählungen, insbesondere der großen höfischen Romane. Dieses Buch führt auf der Basis moderner narratologischer Theorien in die Poetik epischer Texte des Mittelalters ein und bietet damit Grundlagen für die selbständige Analyse vormoderner Erzählstrukturen. Die Einführung nimmt ihren Ausgang von Zeit- und Raumtheorien der Antike und des Mittelalters und erläutert u. a. die Konzepte Aristoteles’, Platons und Augustinus’. Auf diesem geistesgeschichtlichen Fundament aufbauend, erklärt sie dann die Charakteristika der fiktiven Geographie mittelalterlicher Texte und ihrer stark von den Lehren der Rhetorik und den Topoi der abendländischen Tradition geprägten Landschaftsentwürfe. Eine besondere Bedeutung kommt dabei u. a. der Darstellung des ‚âventiure-Weges‘ des Artusritters zu. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Einführung in chronologische Konzeptionen mittelalterlicher Erzähltexte, die z. B. oftmals von einer teleologischen Handlungsführung bestimmt werden. Auch die natürlichen ‚Zeiten‘ (Sommer – Winter) und religiösen Gliederungsprinzipien (christliche Heilszeit) und ihre Bedeutung für die mittelalterliche Literatur werden erläutert. Weitere Themen sind spezielle Chronotopoi, etwa die ‚Rechtzeitige Rettung‘, Phänomene der Kontingenz in der Handlungsmotivation und die Motivik des die Gesetze der Zeitlichkeit aufhebenden Wunderbaren. Mittels der Kategorien ‚Raum‘ und ‚Zeit‘ erschließt diese Einführung auf verständliche Weise zentrale Phänomene und Begriffe der mittelalterlichen Erzählliteratur und eignet sich daher insbesondere für Studenten der mediävistischen Literaturwissenschaft hervorragend als Seminarlektüre oder für das Selbststudium.