Die Aufmerksamkeit durchquert das anthropologische, religiöse, medizinische, pädagogische, philosophische, ästhetische und literarische Wissen der Zeit und ist in all ihren Bezugsfeldern wesentlich auf das diätetische Theorem des Maßhaltens bzw. auf dessen Zurückweisung bezogen. Im Austausch mit den kulturell prägenden und nicht selten konkurrierenden Wissensformen produzieren die Texte der deutschen Literatur des 18. und 19. Jhs. (Brockes, Thomasius, A. Bernd, G.F. Meyer, Moritz, Goethe, Novalis, Nietzsche) nicht nur genuin literarische Konzepte von Aufmerksamkeit und Diätetik, sondern lassen sich auch – im Hinblick auf Erzählstrukturen und Darstellungskonzepte – von diesen Kategorien her bestimmen. Ausgehend davon lässt sich nachweisen, dass die Theoretisierungen der Aufmerksamkeit um 1900 und um 2000, die auf den Bedarf an immer mehr Information mit einem Bedarf nach Selektion der ständig anwachsenden Information antwortet, ihre Wurzeln im 18. Jahrhundert hat.