Seit dem 19. Jahrhundert wird das Ende der Tragödie heraufbeschworen, die neben dem Mythos zu den Säulen des abendländischen Theaters gehört. In den Werken von Botho Strauß und Heiner Müller, die als diejenigen Dramatiker gelten, die nach 1945 im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus die größte Resonanz erfahren haben, nehmen jedoch antike Mythen, aber auch das antike Theater eine zentrale Rolle ein. In detaillierten Einzelanalysenwerden hier mehr als zwanzig zwischen 1950 und 2004 entstandene Dramen beider Autoren im Kontext des Gesamtwerkes auf Präsenz und Funktion mythischer und tragischer Strukturen untersucht. Von entscheidendem Einfluss erweisen sich dabei die unterschiedliche Wahrnehmung von Geschichte und Gesellschaft sowie die verschiedenen produktions- und rezeptionsästhetischen Bedingungen in der DDR und der Bundesrepublik. Die Studie leistet somit auch einen Beitrag zur Beantwortung der Frage nach den »zwei deutschen Literaturen« vor 1989, aber auch in der Zeit nach dem Mauerfall.