Saly Mayer, ein erfolgreicher und international tätiger Fabrikant aus St. Gallen, stellte in den 1930er und 1940er Jahren seine ganze Lebenskraft in den ehrenamtlichen Dienst an den vom Nationalsozialismus bedrohten Juden – zuerst als Sekretär bzw. Präsident des Dachverbandes der jüdischen Gemeinden in der Schweiz, ab 1940 dann als Vertreter des »American Jewish Joint Distribution Committee« (JOINT) für die Juden in den vom Deutschen Reich besetzten Gebieten. Mit dieser Funktion übernahm er im Kampf gegen die nationalsozialistische Verfolgungs- und Vernichtungspolitik eine wichtige, aberletztlich unlösbare Aufgabe. In der Schweiz geriet er aufgrund seines pragmatischen Verhaltens, das Machbare unter den herrschenden Verhältnissen zu erreichen, zu einem umstrittenen Akteur. Seine Tätigkeit war bald nur noch mit »halblegalen« oder illegalen Methoden möglich, indem er hinter der Fassade des gesetzestreuen Bürgers die schweizerischen und amerikanischen Behörden umging und schließlich in direkten Verhandlungen 1944 auch die SS täuschte. Im letzten Kriegsjahr und nach Kriegsende wurde er im Auftrag des JOINT zu einem Mittelsmann bei der Finanzierung der illegalen Einwanderung europäischer Juden ins britische Palästina.