Was wussten die Deutschen vom Holocaust ? Was wollten, was konnten sie wissen? Waren sie, wie Daniel Goldhagen in seinem Bestseller behauptet, 'Hitlers willige Vollstrecker', oder standen sie dem Geschehen gleichgültig gegenüber ? Der Historiker Bernward Dörner, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Antisemitismusforschung der technischen Universität Berlin, hat in jahrelanger Forschungsarbeit neue, bisher unberücksichtigte Quellen erschlossen. Erstmals kann er auf die nach wie vor brisante Frage nach dem Wissen der Deutschen umfassend und differenziert Antwort geben. Dabei wird deutlich, was bis heute geleugnet und verdrängt wird: Spätestens im Sommer 1943 war der mörderische Charakter der NS-Judenverfolgung für jedermann offenkundig.
Dörner hat systematisch NS-Verwaltungsakten, Lageberichte, Strafverfahren, Ermittlungsakten von Polizei und Justiz, Behörden-Eingaben, Tagebücher, Zeitungsartikel und oppositionelle Schriften ausgewertet. Sie gewähren Einblick in die subjektive Haltung der Bevölkerung und offenbaren eine beachtliche Kenntnis von den Geschehnissen in Osteuropa, auch vom ganzen Ausmaß des Verbrechens. Was in all diesen Quellen zutage tritt, ist die beklemmende Tatsache, daß dieses Wissen auf viel breitere Zustimmung traf als bisher bekannt und von einem erheblichen Antisemitismus der Deutschen zeugt. Dörners Buch ist ein wichtiger Beitrag zu der weit über Deutschland hinaus diskutierten Frage, wie es zum Menschheitsverbrechen des Holocaust hat kommen können.