Viola Roggenkamp erzählt in ›Familienleben‹ eine Geschichte, die so noch nie erzählt worden ist. Deutsch-jüdisches Familienleben in den 60er Jahren in der Bundesrepublik. Eine anscheinend ganz normale Familie, die in Hamburg lebt, im feinen Harvestehude, in einer heruntergekommenen Villa, mit einer etwas anderen Vergangenheit als ihre deutschen Nachbarn.
Die Mutter, Alma Schiefer, sie ist Jüdin, liebt ihre beiden heranwachsenden Töchter, Fania und Vera, maßlos und besitzergreifend. Und nicht minder ihren Mann, Paul, einen Deutschen, der sie vor den Nazis rettete. Auch Hedwig, die jüdische Großmutter, ist eine Überlebende. Jeden Montagmorgen wird Paul Schiefer, Handelsreisender für Brillengestelle, mit Winken und Küssen von seiner Familie verabschiedet. Und jeden Freitag bei seiner Heimkehr ebenso überschwenglich begrüßt. Während der Vater unterwegs ist, müssen die Töchter die gewaltige Liebeslast ihrer schönen, temperamentvollen Mutter alleine tragen. Fania, die jüngste, erzählt die Geschichte dieser eigenwilligen Familie. In der die Mutter ihren endlosen Kampf gegen die Feinde von Gestern führt und der weiche, einst mutige Vater mit dem alltäglichen Leben nicht klarkommt. In der alle wissen, dass es sie nicht gäbe, wenn der Vater die Mutter nicht vor der Vernichtung bewahrt hätte. In der die Sehnsucht nach einem eigenen Lebenso verzweifelt intensiv ist wie die Angst vor der Welt da draußen.
Ein Roman über deutsch-jüdische Befindlichkeiten in der jungen Bundesrepublik mit unvergeßlichen Figuren. Und die Geschichte einer Selbstfindung, in der Fania leise ihre Spur aus der Enge und Verzauberung der familiären Innenwelt nach draußen findet.