In Jacob Böhmes Denken in Bildern gehe ich von der konstruktivistischen Grundüberzeugung aus, dass Wirklichkeit nicht abgebildet, sondern mit der Sprache als Werkzeug konstruiert wird. Vor diesem Hintergrund wird die Wirklichkeitskonstruktion in Jacob Böhmes Morgen Röte im auffgang (1612) analysiert.

Der Schwerpunkt liegt darauf, wie Böhme durch sein Schreiben ein Weltbild entwirft, wobei die sprachlichen Bilder eine herausragende Rolle spielen. Im Gegensatz zur früheren Böhme-Forschung wird Böhmes Schreiben nicht als chaotisch und damit defizitär betrachtet, sondern es wird detailliert aufgezeigt, wie er intensives Schreiben benutzt, um auf die schwierigsten theologischen und philosophischen Fragen eine Lösung zu finden. Sein Schreiben formt sich zu einem Prozess der Problembewältigung und der zunehmenden Einsicht in die für ihn fundamentalen Fragen über die Beziehungen zwischen Gott, Natur und Mensch. Das theoretisch und methodologisch Innovative der Arbeit besteht darin, dass ich moderne Schreibforschung und kognitive Metapherntheorie benutze, um neues Licht auf ein zentrales Werk der deutschen Literatur- und Geistesgeschichte zu werfen.

Inhalt

Vorwort

Einleitung
Bilder, Chaos und Poesie
Ziele und Fragestellungen der vorliegenden Arbeit

Konstruktion, Diskurs und Sprache
Konstruktivistische Perspektiven
Der Diskursbegriff
Diskurs/Antidiskurs
Theologische Polemik in der Frühen Neuzeit
Rhetorik
Jacob Böhmes Konflikt mit Gregorius Richter
Der situationelle Kontext
Gregorius Richters Pasquill gegen Jacob Böhme
Jacob Böhmes Verteidigung gegen Richters Angriffe
Das Aktantenmodell in der Morgenröte
Kommunikation, Glaube und "Geist"
Kurze Zwischenbilanz

Die Morgenröte als Sprachwerk
Kurze Vorbemerkung
Erlebnis und Text bei Böhme
"ich bin nur ein schlechter, einfae ltiger Werckzeug" (ep 10:30)
Reflexionen über das Schreiben in der Morgenröte
Denken und Schreiben in der Schreibforschung
Erfahrung und Schreiben bei Böhme
Die synkretistische Wissensbasis
Böhmes Schreiben
Die Spekulation über Identität und Differenz, Gut und Böse und das Problem der Räumlichkeit Gottes
Vorbemerkung
Die "globale" Struktur der Morgenröte
Analyse des 2. Kapitels
Das Problem der Räumlichkeit
Heuristisch-epistemisches Schreiben und Inneres Sprechen bei Böhme
Sprachwerk vs. Sprechhandlung - ein Vergleich mit Valentin Weigel

Böhmes Denken in Bildern
Weltbild und Metapher
Das "esoterische" Weltbild
Metapher
Kurze historische Skizze der Metaphorologie
Die kognitionslinguistische Metapherntheorie
Die heuristisch-epistemische Funktion der Metapher
Metaphernidentifikation und Weltbild
Die Bilder der Morgenröte
Vorbemerkung
Überfülle der Bilder - Analyse von Mr. 3:1
Das Bildschema AUSGANGSPUNKT-WEG-ZIEL
Der Weg zur Erkenntnis in der Morgenröte
Das Bildschema ZENTRUM - PERIPHERIE
Der Baum der Wissenschaft, der göttlichen Selbstentfaltung und der Geschichte
Paratextuelles in der Morgenröte
Baumallegorien in der Morgenröte
Vorbemerkung
Die Vorrede zur Morgenröte
Der Baum der Wissenschaften und seine Wurzel
Der Denk- und Schreibprozess als Baum
Leiblichkeit
Vorbemerkung
Böhmes genetisch-organische Betrachtungsweise
Leiblichkeit in der kognitiven Metaphernforschung und in der Phänomenologie
Die moralische Verantwortung des ersten Quellgeistes in Luzifer
Corpus, Körper, Leib
Die Lehre von den sieben Quellgeistern
Vorbemerkung
Die Lehre von den sieben Quellgeistern in der Morgenröte
Böhmes Gleichgewichtsdenken

Zusammenfassende Bemerkungen

Literaturverzeichnis