Analphabetismus – auch ein Phänomen in hochentwickelten Nationen? Lange Zeit wurde dieses Problem aus der bildungspolitischen Diskussion ausgeblendet, erst seit etwa 15-20 Jahren widmet sich die Wissenschaft der Ursachenforschung.
Die Autorin Simone Nöller untersucht das Phänomen Analphabetismus nicht nur als ein individuelles Lern- und Entwicklungsdefizit, sondern auch aus dem Blickwinkel von Benachteiligungen in einem Prozess der gesellschaftlichen Modernisierung. Als Hintergrund verwendet sie dabei die soziologischen Theorien der Bildungs- und Chancenungleichheit, wobei die Theorie des funktionalen Analphabetismus die Grundlage der gesamten Arbeit darstellt. Um auch der interdisziplinären Betrachtungsweise des Problems gerecht zu werden, erfolgt zu Beginn ein Exkurs in die historische Schriftsprachenentwicklung und die Klärung des Verhältnisses zwischen Schrift und Sprache. Im abschliessenden Kapitel der Maßnahmen und Fördermöglichkeiten zeigt sich die enge erziehungswissenschaftliche Verknüpfung mit dem gesamten Themenbereich. Insbesondere wird dabei auf die Ergebnisse verschiedener empirischer Erhebungen der PISA- und IGLU-Studie zum Erwerb von Lesekompetenz verwiesen.
Das Buch richtet sich daher an Entscheidungsträger aus dem bildungspolitischen Kontext, Verbände und Organisationen sowie an Wissenschaftler aus dem soziologischen und erziehungswissenschaftlichen Bereich.