Unsere Gegenwart ist durchdrungen von Geschichte und Geschichtlichem. Dies gilt für Alltagswissen und Alltagshandeln ebenso wie für Weltbilder und materielle Erzeugnisse. Ob wir die Dynamik kultureller Austauschprozesse studieren oder einzelne Kultursegmente in den Blick nehmen, ob wir uns auf der Mikro- oder der Makroebene der Kultur bewegen, grundsätzlich meldet das kulturell Ererbte seinen Machtanspruch an. Kompetente kulturanthropologische Arbeit kommt demnach nicht ohne historische Forschung und ohne das Wissen um die Wirkmächtigkeit des Vergangenen in der Gegenwart aus.

Dieser Band präsentiert die Beiträge der Hochschultagung der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde zum Thema "Historizität als Aufgabe und Perspektive" vom 21.-23. September 2006 am Seminar für Volkskunde/Europäische Ethnologie der Universität Münster. Historizität wird dabei aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet: Themen sind der Umgang mit (DDR-)Geschichte im heutigen Städtebau in Halle (Andrea Hauser) und in einer Erfurter Ausstellung (Jutta Buchner-Fuhs), die Vermarktung und Medialisierung des Historischen an den Beispielen Mondkalender (Helmut Groschwitz), Doku-Soaps (Michaela Fenske) und Hollywood-Spielfilm (Silke Meyer). Bernd Rieken diskutiert historische Argumentationsmuster in der Berichterstattung zum Hurrikan Katrina aus dem Jahr 2005 und Andreas Hartmann geht der anthropologischen Dimension der Wiederholung nach. Fachgeschichte wird aus konstruktivistischer (Lioba Keller-Drescher), performanztheoretischer (Herman Roodenburg) und diskursanalytischer (Friedemann Schmoll) Perspektive erörtert. Daniel Drascek, Christel Köhle-Hezinger, Barbara Krug-Richter und Michael Simon kommentieren die Beiträge.