Der heute fast unbekannte Rudolf Lebius (1868-1946) aus dem ostpreußischen Tilsit war so etwas wie ein journalistisches und politisches Chamäleon seiner Zeit.
In seiner Anfangszeit als sozialdemokratischer Journalist für verschiedene Blätter war Lebius noch von Wilhelm Liebknecht, mit dessen Sohn Karl er in gemeinsamen Berliner Studentenzeiten befreundet gewesen war, gefördert worden. Mehrfach kam es zu Inhaftierungen von Lebius als sozialdemokratischer Redakteur der „Rheinisch-Westfälischen Arbeiter-Zeitung“ in Dortmund wegen Pressedelikte während der Kaiserzeit.
Zwischen 1900 und 1902 bestand eine kurzzeitige Freundschaft zwischen Rudolf Lebius und dem späteren preußischen Kultusminister Konrad Haenisch. Während zu Beginn der Freundschaft der eine (Lebius) seine zweite (dreimonatige) Strafzeit in der Königlichen Strafanstalt Münster antrat, nahm der andere (Haenisch) seine neue Tätigkeit als Chefredakteur der „Rheinisch-Westfälischen Arbeiter-Zeitung“ auf.
Erhalten geblieben sind die Briefe und Telegramme von Lebius, die dieser an Haenisch schrieb, während umgekehrt dessen schriftliche Zeugnisse infolge eines Bombenangriffs auf die Berliner Wohnung von Lebius im Jahr 1943 vernichtet wurden. Dieses Ereignis sorgte dafür, dass die meisten persönlichen Unterlagen, Manuskripte, Urkunden etc. von Rudolf Lebius, einem der sonderbarsten und streitbarsten Journalisten der deutschen Pressegeschichte, verloren gegangen sind. Zu dem Wenigen, was sich von ihm als Zeitzeugnisse erhalten hat, gehören die Briefe an Konrad Haenisch, die vorliegend in erläuterter Form wiedergegeben werden.