Heinz Kohuts psychoanalytische Theorien führten zu einer heftigen Kontroverse innerhalb der Psychoanalyse, die bis heute anhält. In den 1960er Jahren stieg er zu einem wichtigen institutionellen Repräsentanten auf und wurde sogar als »Mr. Psychoanalyse« bezeichnet. Als er jedoch seine eigenständige Theorie des Narzissmus entwickelte, wurde er für den Mainstream zum Dissidenten – zu jemandem, der den Boden der klassischen Theorie verlassen habe.

Ralph Butzer zeichnet Kohuts Entwicklung aus der freudianischen Trieb- und Metapsychologie präzise nach und erläutert wichtige Erkenntnisse und Theorieentwicklungen, die zunehmend das Konstrukt des Selbst in den Mittelpunkt seines Denkens rückten. Dabei wies Kohut auch auf Aspekte einer für die Gesundheit wichtigen und notwendigen Rolle der Eltern als Selbstobjekte hin. Er rehabilitierte den Begriff des Narzissmus, indem er eine eigene, von den Trieben unabhängige Entwicklung für ihn zur Diskussion stellte und schlug ein neues Verständnis von Aggression vor.