Wie kann den Protagonisten des höfischen Romans um 1200 eine Vervollkommnung höfischen Lebens gelingen, die tätiges Streben nach êre mit der Wahrnehmung von Erfülltheit in idyllischen Freiräumen vereinbart? Rebekka Becker betrachtet dieses Spannungsverhältnis, indem sie Analogien zwischen literarischen Inszenierungen temporärer Ausbrüche aus der institutionellen Ordnung und einer modernen Phänomenologie der Muße aufzeigt. Dieser Blick ist nicht selbstverständlich, da Muße im höfischen Roman bislang vor allem als gesellige kurzwîle konzeptionalisiert wurde. Gerade in Abgrenzung zu Formen höfischer Vergnügungskultur zeichnet die Autorin eine Topographie von Muße nach, in der sich das spezifische Zusammenspiel von Muße, Minne und Naturraum offenbart. Ihre Studie schließt die Poetologie der Texte mit ein und ist damit auch für das Untersuchungsfeld von Muße und Lektüre relevant.