Das Strafrecht bestimmt, was »normales« und was »abweichendes«, strafbares Sexualverhalten ist. Aber wo genau verläuft die Grenze zwischen Sex und Crime? In seinem neuen Buch zeigt der ehemalige Vorsitzende Richter des Bundesgerichtshofs, dass die Frage nach »Schuld« und »Krankheit« im Sexualstrafrecht viel komplexer ist, als es die öffentliche Diskussion vermuten lässt. Denn die rechtliche Definition etwa von Vergewaltigung und Missbrauch ist auch ein Spiegel moralischer, ökonomischer und politischer Machtverhältnisse. Und damit wird dieses Rechtsgebiet zum Verhandlungsort gesellschaftlicher Normen. Das Ergebnis von Fischers messerscharfen juristischen Analysen: Ein Rechtsstaat muss diese Komplexität nicht nur aushalten, sondern absichern – doch genau daran hapert es oft.