Bürokratie, Recht und Herrschaft sind zentrale Motive im Werk Franz Kafkas und in der Soziologie Max Webers. Die vorliegende Untersuchung geht dieser Gemeinsamkeit nach. Erörtert werden Parallelen zwischen Webers Herrschaftssoziologie und Kafkas Romanen Der Process und Das Schloß sowie der Erzählung In der Strafkolonie. Max Webers Studie Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus wird im Hinblick auf ihre Relevanz für Formen des autobiographischen Erzählens (im Roman, im Tagebuch) untersucht.
Auf dem Hintergrund dieser und weiterer Texte Max Webers ordnet die Verfasserin Kafkas erzählerisches Werk in den Kontext einer Kritik der Gewalt ein, deren Geschichte von der Moderne über die Epoche der Aufklärung bis ins beginnende 15. Jahrhundert zurückreicht. In Kafkas Roman Das Schloß wird eine bewußtseinsphänomenologische Schicht der Fabel offen gelegt, die Analogien zu Webers Konzept des ›deutenden Verstehens‹ als Grundlage der Welterfahrung zeigt.