mister minit 2

Die erste portugiesische Dois-Eros-Geschichte

Er hatte schon am Morgen beim Aufstehen klar gewusst, dass heute wieder ein sehr anstrengender Tag werden würde. Immer an solchen Frühlingstagen wie diesem schien bei seinen Mitarbeitern und Kunden, besonders aber bei den Kundinnen, die Gefühlswelt durcheinander zu geraten. Frühlingsgefühle" nannte man das wohl, diese positive Wärme, diese aufsteigende Kraft, die wie der Saft in jungen Bäumen in einem hochschießt und Verwirrung stiftet. Schmetterlinge im Bauch.

Nicht, dass er das nicht kannte oder mochte, aber merkwürdigerweise konzentrierten sich die Frühlingsgefühle der Kundinnen immer auf ihn. Er spürte es genau, wie er von ihnen angeschaut wurde, wie sie über ihn dachten, was sie sich erträumten. Er kannte seine Wirkung auf Frauen sehr gut. Seit jungen Jahren war dieses Wissen im Umgang mit Frauen das Instrument, das er beherrschte wie seine Maschinen und Geräte hier. Und er wusste genau, dass die Frauen nicht nur sein gutes Aussehen bewunderten, sondern von seinen Bewegungen und Gesten auf seine Liebesfähigkeit schlossen.

"Wie er arbeitet, so liebt er auch", schienen sie zu denken.

Und deshalb verführte er sie gekonnt mit seinen sicheren, ruhigen, behutsamen, bedächtigen Bewegungen, während er ihre Schuhe reparierte. Es war ein schönes Spiel, aber es wurde ihm manchmal zu anstrengend. Er hatte mit seiner jungen Frau und den zwei Kleinen genug Sorgen, er musste seine Kredite abzahlen, er war nicht ganz sicher, ob sich die Mr. Minit-Reparaturwerkstatt mit dem Schlüsseldienst in diesem Supermarkt halten würde. Wenn er arbeitslos würde, was dann?

Er sah sich die Schuhe an, die die Leute ihm brachten, und stellte Betrachtungen an über ihre Art, mit den Dingen fertig zu werden, über ihre Lebenshaltung, über den Gang der Welt. Er sah die Hände, die ihm die Schuhe über den Tresen reichten, und er machte sich schnell ein Bild von dem Kunden.

"Bitte, ich – ehm – weiten Sie diese Schuhe, jetzt. Já, já, já!" Diese hysterische Person und diese neuen, engen Krokodillederschuhe passten gut zusammen.

Er blieb ganz ruhig, nahm die Schuhe entgegen und sagte nur: "Amanhá - morgen." Als die Dame wie ein Wasserfall redete, wandte er sich wortlos wieder der kreischenden Schleifmaschine zu.

Eine neue Kundin sagte:
"Se faz favor, ein Paar neue Absätze. Kann ich warten?"

Er drehte sich um. Da war etwas in dieser Stimme. Er schaute auf die Schuhe, die die Frau ihm hinlegte. Rote Schuhe!

Es fuhr ihm wie ein elektrischer Schlag durch den ganzen Körper. Er war hellwach. Er wusste, jetzt musste er aufpassen. Bei roten Schuhen an einem Frühlingstag im März musste er ganz besonders aufpassen. Er musste sich ganz gewissenhaft nur auf die Arbeit konzentrieren. Die blonde Frau, die ihm ihre roten Schuhe gegeben hatte, sollte glauben, er ahne nichts, er merke nichts. Dabei sah er genau, wie lasziv sie da so im gleißenden, vorsichtig wärmenden Sonnenlicht der Märzsonne am Tresen stand und geduldig auf die neuen Absätze ihrer abgelaufenen roten Schuhe wartete.

***

So dringend, dass sie darauf warten musste, war es eigentlich gar nicht, denn so oft trug sie die Schuhe nun auch wieder nicht. Doch irgend etwas ließ sie bleiben und warten; vielleicht die Tatsache, dass sie frühestens in 14 Tagen wieder hier vorbei kommen könnte und dann womöglich vergessen würde, die Schuhe abzuholen.

Aber was es auch war, sie genoss diese herrlichen, ungewöhnlichen Sonnenstrahlen, fühlte, wie sich ihr Körper wohlig erwärmte - und konnte sich plötzlich vorstellen, mit Mr. Minit ins Bett zu gehen.

Sie zwinkerte kurz mit den Augen, kniff sich verstohlen in den linken Oberarm und räusperte sich, alles, um sich zu vergewissern, dass sie tatsächlich hier an diesem sonnigen Vorfrühlingstag stand und Gefühle dieser Art hatte. Sie, ausgerechnet sie, die, zum großen Kummer ihres Mannes, an Sex seit Jahren keine echte Freude mehr hatte. Ja, sie empfand ihn sogar als lästige Bürde ihrer Ehe. Um ehrlich zu sein war sie jeden Abend, wenn sie ins Bett ging, froh, wenn ihr Angetrauter bereits wohlig vor sich hinschnarchte anstatt frisch geduscht, erwartungsvoll in eine Duftwolke teuren Herrenparfums gehüllt, seine geile Ungeduld kaum beherrschen könnend, auf sie wartete.

Nein, nein, Sex hatte sie für sich abgehakt. Vor Jahren schon. Warum, wusste sie auch nicht. Es lebte sich bequemer so, redete sie sich jedenfalls ein. Weniger Komplikationen, weniger Enttäuschungen, weniger Frustration. Und hier stand sie nun, und fühlte diese wohlige Wärme -

Wahnsinn!

***

Er merkte, wie sehr ihr jede Miene, jede seiner wenigen, sicheren Bewegungen, zusagte. Und wie eine innere Erregung in ihr aufstieg. Wie alt sie wohl war? Ob sie wohl.? Sind reife Frauen in der Liebe nicht viel erfahrener? Er bemerkte lächelnd, wie sie versuchte, Haltung zu bewahren und sich so elegant wie möglich Luft zufächelte. Ihre Atemzüge wurden kürzer und heftiger.

Mr. Minit schaute kurz auf und warf ihr einen besorgten Blick zu. Natürlich konnte er die Signale ihres Körpers richtig deuten. Zugegeben, sie war vielleicht ein paar Jahre älter als er, aber noch lange nicht jenseits jeder Erotik.

***

Ungläubig registrierte sie ihre überraschenden, so lange tot und vorbei geglaubten Gefühlsanwandlungen und merkte, wie gut ihr diese Veränderung tat, wie jung und frech und unternehmungslustig sie sich plötzlich fühlte. Sie war auch früher nicht der wild drauf los flirtende Typ gewesen, der in jedem männlichen Wesen einen potentiellen Sexpartner witterte. Im Gegenteil - sie war eher zurückhaltend, unterschwellig sensuell; und der feurige, mediterrane Männertyp war ganz und gar nicht ihr Fall, hatte immer schon eher eine abstoßende, unangenehme Wirkung auf sie ausgeübt.
Doch Mr. Minit war anders.

***

Ja, er war anders.
Das wusste er.
Und ebenso genoss er es zu wissen, wie stark sie auf ihn reagierte. "Ob ich sie zum Espresso einladen soll? Natürlich ist das plump und aufdringlich, aber ich kann ja nicht einfach über den Tresen springen und sie vernaschen!", dachte er.

***

"Ob ich ihn zum Espresso einladen soll? Natürlich ist das plump und aufdringlich, aber ich kann ja nicht einfach über den Tresen springen und ihn vernaschen!", dachte sie.



Während sie versuchte, allen erforderlichen Mut aufzubringen, reichte er ihr die roten Schuhe. Mit den perfekten Absätzen sahen sie fast aus wie neu.

"Quase novos! - fast neu!", sagte er und sah ihr kurz in die Augen.

Bedauernd merkte sie, wie kein Wort über ihre Lippen kam. Immer noch erregt, bezahlte sie, konnte ihm aber wenigstens ein herausforderndes, unverschämtes Grinsen zuwerfen. Süffisant lächelnd drehte sie sich um, schwang ihre gerundeten Boticelli-Hüften zum ersten Mal in ihrem Leben bewusst, und schritt von dannen.

Er atmete tief. Sie würde wiederkommen. Sicher würde sie wiederkommen. Bestimmt hatte sie noch mehr Schuhe, die neue Absätze gebrauchen konnten. Und wenn es rote Schuhe sein würden, wusste er, was zu tun war.