Die Untersuchung widmet sich den Denk- und Darstellungsformen von Vergänglichkeit und Weltabsage in der Lyrik und Epik des 12. bis 15. Jahrhunderts. Da weltliche Dichtung selbst „Weltwerk“ ist, stehen sie von vornherein im Zeichen einer glücklichen Paradoxie: Weltflucht ist in der Poesie immer von einem latenten Weltbezug begleitet. Die poetischen Problementwürfe steuern somit auf eine Pluralität des Denkens und der ästhetischen Imagination zu, die die rigiden Konzepte der theologischen Tradition untergräbt und gleichsam deren neuzeitliche Überwindung vorbereitet. Erörtert werden u.a. Allegorien der Vanitas wie Frau Welt, die Negativierung des erotischen Begehrens und der Konnex von weltlicher Liebe und Weltliebe, Modelle des Lebensweges und der Umkehr, Referenzen zwischen poetischer Weltabsage und theologischem contemptus mundi, Kontingenz und Unverlässlichkeit des Weltlichen in narrativen Sujets und Handlungsstrukturen, schließlich die Relevanz des Themas auf einer poetologischen Ebene (Tod des Autors, Permanenz der Schrift, Wiederholbarkeit der Lektüre). Im Zentrum der Analysen stehen das poetische Werk Walthers von der Vogelweide, Dantes und Petrarcas, das mittellateinische Alexanderepos und der höfische Roman.