Die „Lorcher Tradition“, also die Vorstellung, daß das Bistum Passau Nachfolger des antiken „Erzbistums“ Lorch am Unterlauf der Enns gewesen sei, ist mit den Urkundenfälschungen des Bischofs Pilgrim (971–991) verknüpft. Doch erst die Passauer Geschichtsschreibung des 13. Jahrhunderts hat dieser Geschichtskonstruktion zum Durchbruch verholfen. Aus dieser Zeit existieren sieben anonyme und disparat überlieferte historiographische Texte, von denen man schon lange annahm, daß sie eng zusammengehören. Johann Englberger unternimmt den Versuch zu zeigen, daß diese Texte nicht nur von einem Autor stammen, sondern daß sie sogar die Bestandteile eines einzigen Werkes bilden. Die Passauer Habilitationsschrift stellt das Werk, mit dem Titel Descriptio gentium et diversarum nationum Europe, in seiner Urfassung wieder her, beschreibt die historiographische Arbeitsweise des Autors, ordnet die Entstehung des Werkes in den zeitgeschichtlichen Kontext ein, weist den Passauer Domdekan Albert Behaim († 1260) als Autor detailliert nach, klärt dessen Motive und Intentionen und erhellt die Überlieferungsgeschichte. Den Abschluß bilden schließlich die Edition derjenigen Fassung des Werkes, von der die bekannte Überlieferung ausgeht („Redaktion Y“), und die Rekon-struktion der ursprünglichen Fassung Albert Behaims („Urfassung X“).