Literaturwissenschaftler und Komparatisten setzen im Hinblick auf Goethes Konzept der »Weltliteratur« deutsche Dichtung der Goethezeit in Bezug zu anderen Literaturen.

Goethe entwickelte seine Vorstellung von einer aufkommenden »Epoche der Weltliteratur« in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts im Austausch mit Schriftstellern und Intellektuellen in Frankreich, Italien, England, Schottland und Russland. Mit dem neuen Kompositum bezeichnete er die nicht zuletzt von einer Beschleunigung der Kommunikationsmittel geprägte Zunahme des mehr oder weniger »freyen geistigen Handelsverkehrs« zwischen den »Litteraturen und Litteratoren« unterschiedlicher Länder und Sprachen, die im Kreis der Pariser Korrespondenten Goethes gleichzeitig zur Entwicklung einer neuen akademischen Disziplin, der »littérature comparée«, führte.
Der vorliegende Band versammelt rund 20 Beiträge zu komparatistischen Aspekten der deutschen Literatur der Goethezeit im Sinne von Goethes Konzept einer »Weltliteratur«. Sie setzen die Literatur der Goethezeit in Bezug zu anderen Literaturen, zur Ästhetik und zur Philosophie der Zeit und diskutieren Möglichkeiten und Grenzen des Konzepts »Weltliteratur«.


Inhaltsverzeichnis

Vladimir Artasesovic Avetisjan
Puskin, Sevyrev und Goethes Helena-Zwischenspiel

Ulrich Johannes Beil
Was weiß Literatur? (Post-)Koloniale Diskurse und Kleists »Die Verlobung in St. Domingo«

Anne Bohnenkamp
»Reden ist Übersetzen«. Johann Georg Hamann als Übersetzer

Anke Bosse
»Gottes ist der Orient! Gottes ist der Occident!« - und Abgesänge? Intertextualität - Interkulturalität

Young-Ae Chon
Weltmacht Poesie. Zum Liebesdialog in Goethes Faust (Deutschland), in »Kúmo-shinhwa« (Korea), »Xixiangji« (China) und »Genji-Monogatari« (Japan)

Sebastian Donat
Weltliteratur zwischen geistigem Handelsverkehr und Markenpiraterie. Georg Friedrich Daumers Hafis-Dichtung und ihre russische Rezeption

Harald Fricke
»Lichter des poetischen Himmels«. Weltliteratur im Spiegel von Goethes »Sprüchen in Prosa«

Erika Greber
Pushkin in Love. Zur filmischen Aktualisierung der Klassiker

Stephan Grotz
Mimesis und Weltliteratur. Erich Auerbachs Abschied von einem Goetheschen Konzept

Friedhelm Kemp
Übersetzen - wozu und wie? Am Handseil von Goethe

Ruth Klüger
Sittah, Recha, Daja. Dankrede für den Lessingpreis des Freistaates Sachsen

Jürgen Lehmann
Die Kunst als »Dokument der Philosophie«. Zur Goethe-Rezeption des russischen Literaturkritikers Apollon A. Grigorev

Roger Lüdeke
»On what I have named World-Literature, after you«. Thomas Carlyles »Sartor Resartus«

Matías Martínez
Memorabile - Sage - Legende. Einfache Formen in Zacharias Werners »Der vierundzwanzigste Februar« und Pedro Calderón de la Barcas »La devoción de la cruz«

Gerhard Neumann
Roman - Novelle - Anekdote. Zur Gattungsfrage in Goethes »Wahlverwandtschaften«

Stephan Packard
Zwischen Physiognomik und Zeichenlehre. Lessings Affektsemiologie am Eingang der »Hamburgischen Dramaturgie«

Hermann Patsch
»Wir dichten in italiänischen und in spanischen Weisen«. Friedrich Schlegels Gedicht »Der welke Kranz« und der »Cancionero General«

Christoph Perels
Augustins Argumente. Zu »Wilhelm Meisters Lehrjahre«, Achtes Buch, neuntes Kapitel

Nicholas Rennie
Hier wirds Eräugnis. Performativität und Ende in Goethes »Faust«

Virginia Richter
Fluchtpunkt Orient. Imaginative Kontaktzonen der Goethezeit

Franz Josef Worstbrock
Zum ersten Kapitel einer Begriffsgeschichte des Klassischen. Die humanistische Tradition

Schriftenverzeichnis Hendrik Birus