Dass ein Leben, das der Schönheit gewidmet ist, nicht in Einklang zu bringen sei mit einem Leben, das strengen moralischen Prinzipien gehorcht, scheint ein Dilemma anzudeuten, das für die europäische Kulturgeschichte seit ca. 200 Jahren besteht. Nicht nur Philosophen wie Sören Kierkegaard waren der Auffassung, dass eine ethische und eine ästhetische Existenz nicht zu versöhnen seien, auch populäre "master narratives" wie die von "Dorian Gray" betonen diese Unvereinbarkeit: In Oscar Wildes berühmt gewordener Geschichte begeht der Held Sünden aller Art und bewahrt sein unschuldiges schönes Gesicht, während sein Porträt auf dem Dachboden mit tausend Falten und Verzerrungen gewissermaßen ein Abbild seines moralisch ruchlosen Lebenswandels bietet. Vom "Dandy" bis zum "Geistesaristokraten" reicht die Figurenkette derer, die als Ausgeburten eines fragwürdigen Ästhetizismus erscheinen - vor allem von der Position der Engagierten, die sich für politische und gesellschaftliche Gerechtigkeit einsetzen. Der Band erhellt die bedeutende Vorgeschichte der Opposition zwischen ethischer und ästhetischer Existenz an verschiedensten Beispielen in den Bereichen Literatur, Philosophie, Musik, Kunst und Film, beleuchtet werden aber genauso auch gegenwärtige Konstellationen dieser Opposition.