Am 16. Oktober 1946 wurde der deutsche Außenminister, Joachim von Ribbentrop, im Nürnberger Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher wegen „Vorbereitung eines Angriffskrieges“ zum Tode durch den Strang verurteilt. Bis heute wird seine Rolle im Dritten Reich generell negativ beurteilt, schon als Botschafter in London habe er England Hitler gegenüber als „dekadent“ und „schwach“ dargestellt und ihm suggeriert, daß es im Konfliktfalle nicht kämpfen werde.

Der Autor, ältester Sohn Joachim von Ribbentrops und im Zweiten Weltkrieg selbst als mehrfach verwundeter Offizier insbesondere im Osten eingesetzt, schildert in diesem zeitgeschichtlichen Quellenwerk seinen Vater aus eigenem Erleben, insbesondere aufgrund der häuslichen Gespräche im Laufe der 30erJahre. Weshalb stellte sich dieser, als Kaufmann durchaus erfolgreich, Adolf Hitler zuerst als außenpolitischer Sonderbeauftragter, dann als Botschafter und schließlich als Minister zur Verfügung? War die Politik des Dritten Reiches wirklich von Anfang an auf Krieg gerichtet? Gab es Auffassungsunterschiede zwischen Hitler und seinem Außenminister, der in vielerlei Hinsicht ein Fremdkörper innerhalb der Führungsriege des Dritten Reiches war?

Rudolf von Ribbentrop versucht auch unter Berücksichtigung aktueller Forschungsergebnisse aufzuzeigen, daß die Politik seines Vaters ursprünglich auf die Herstellung eines Ausgleiches mit den Westmächten ausgerichtet war, und arbeitet die Gründe, die zum Hitler-Stalin-Pakt und schließlich zum Angriff auf Polen führten, nachdrücklich heraus. Auch die Rolle von prominenten Vertretern des deutschen Widerstands im Außenamt, wie des Staatssekretärs von Weizsäcker in den Jahren 1938/39, wird detailliert behandelt.

Es ist kein unkritisches Buch, das der Sohn Rudolf von Ribbentrops hier vorlegt, und kein Werk, das die Geschichte des Dritten Reiches glätten oder beschönigen will. Man merkt dem Text an, daß der mittlerweile 86jährige Autor Jahre an diesem Werk gearbeitet hat, um seine persönlichen Erinnerungen mit den aus den vorliegenden Akten bekannten Vorgängen und Hintergründen in ein fruchtbares Spannungsverhältnis zu setzen und so ein möglichst tatsachengetreues Bild des Vaters zu entwerfen. Auch die künftige Geschichtsschreibung wird an diesem Zeitzeugenbericht, der als echte historische Quelle einzustufen ist, nicht vorübergehen können. Die kurze Schilderung eigener Erlebnisse während des Zweiten Weltkrieges und in den Nachkriegsjahren verstärkt die persönliche Note dieses Buches noch.

Dabei greift er auch auf Mitteilungen prominenter Zeitzeugen gerade auch außerhalb Deutschlands zurück, die seinen Vater persönlich kannten, wie etwa Sir Alexander Walker oder Elliott Roosevelt.