Wo kommen wir her, wo gehen wir hin?
„Da steckt ein Körper, der geboren werden will, / in meinem Körper“, beschreibt Gioconda Belli ihre Schwangerschaft. Nach der Geburt, „wenn dieses Bündel auf die Welt geworfen wird“ (Hans Magnus Enzensberger), stehen die Tage der Zukunft vor dem Kind „wie eine Reihe angezündeter Kerzen“ (Konstantinos Kavafis). Die Neugier auf alles, was das Leben bringt, kann schon beim Öffnen einer Kühlschranktür geweckt werden. Doch der Wettlauf gegen die Zeit hat längst begonnen: „Es bleibt so wenig übrig. / Von den Hunden zum Beispiel / nur ihr Halsband, / das einem der Tierarzt zusendet / in ein und demselben Kuvert / mit der Rechnung“ (Lars Gustafsson). Das Alter bringt lästige Beschwerden mit sich und der Stock wird, wie in einem Gedicht von Czesław Miłosz, fortan zum unentbehrlichen Begleiter. „Der Tod ist groß. / Wir sind die Seinen“, bedichtet Rainer Maria Rilke das Unausweichliche. Oft ist das Ende näher als gedacht. „Dann tafeln die Maden / und lachen die Erben“ (Joseph von Eichendorff). Weinen hilft nicht, denn „die Klage, sie wecket / den Toten nicht auf“ (Clemens Brentano). Goethes „Trauerreglement“ empfiehlt den Hinterbliebenen Lachen zur Bewältigung ihres Verlustes. Denn aus dem Sterben erwächst immer auch neues Leben. Die „21 Gramm“-Seelen (Jörg Fauser) aber sind losgelöst vom biologischen Kreislauf. Vielleicht gehen uns die Verstorbenen nur voraus zu jenen Höhen wie in Friedrich Rückerts „Kindertotenliedern“. Auf alle Fälle: „Es kribbelt und wibbelt weiter“ (Theodor Fontane). Von der griechischen Lyrikerin Sappho bis zum 1980 geborenen Jungautor Ole Petras spannt sich der poetische Bogen. Matthias Claudius, Ulla Hahn, Friedrich Hölderlin, Horaz, Ted Hughes, Mascha Kaléko, Jacques Prévert, Walther von der Vogelweide und viele andere bedichten Schöpfung und Vergänglichkeit.