Die Studie untersucht die Erscheinungsformen des Mehrheitsprinzips im historischen und im gegenwärtigen Recht der katholischen Kirche sowie im Diskurs ausgewählter mittelalterlicher Kanonisten. Hierbei läßt sich nach den jeweiligen Gegenständen der kollektiven Entscheidungsfindung eine vielschichtige und wechselvolle Entwicklung mit unterschiedlichen Ausprägungen mehrheitlicher Beschlußformen feststellen. In der Gesamtentwicklung des Mehrheitsprinzips besteht der Beitrag des kanonischen Rechts vor allem darin, daß es anfänglich das im antiken Umfeld verbreitete Mehrheitsprinzip ablehnte und ausgehend von der spezifisch-christlichen Einmütigkeit und im Ringen mit ihr die Konzeption der qualifizierten Mehrheit hervorbrachte. In dem Bemühen um eine inhaltliche Qualifikation der Mehrheit über ihren bloß quantitativen Charakter hinaus hat das kirchliche Recht somit das Verständnis des Mehrheitsprinzips um einen wichtigen Aspekt bereichert und nicht zuletzt mit der Zweidrittelmehrheit als Qualifizierungstatbestand einen eigenständigen Anteil in der Gesamtgenese des Rechtsprinzips begründet.