Was geschah im 18. Jahrhundert mit Kindern, wenn sie erkrankten, verunglückten oder an einer Behinderung litten? Der Topos des ungeliebten, vernachlässigten Kindes verstellte lange Zeit den Blick auf die vormoderne Kindheit. Dabei belegen Krankenjournale, elterliche Bittschriften zur Spitalaufnahme ihrer Kinder, Gerichtsakten von Heilerprozessen oder Protokolle frühneuzeitlicher Ärztegremien, dass die Wahrnehmung behinderter und kranker Kinder mehrheitlich von einer starken emotionalen Zuwendung geprägt war. Ausnahmen bildeten Kinder ohne familiäre Anbindung, wie eine Analyse der Kinderversorgung in Waisenhäusern ergab. Im Normalfall jedoch genossen die Mädchen und Jungen eine aufwändige Pflege und Behandlung, sogar wenn die Familie mit ihren Einkünften kaum das eigene Überleben sichern konnte. Entsprechend attraktiv war es für Heilkundige, eine breite Palette verschiedener kindermedizinischer Therapien anzubieten. So minimal die therapeutischen Erfolge auch waren, so stark beeindruckt der respektvolle Umgang mit den kleinen Patienten. Der hohe Stellenwert dieser »Sorgenkinder« relativiert nicht nur das historische Bild, sondern gibt zu Fragen Anlass, wo die Kindermedizin heute steht und ob die hohe Beachtung, die Kinder heute finden, wirklich erst in der jüngsten Gegenwart aufkam.