Die europäische Höflichkeit ist eine ›Entdeckung‹ des Mittelalters. Im Umkreis der weltlichen und geistlichen Herrscherhöfe des 10.-12. Jahrhunderts bildeten sich jene Ideale eines höfischen Seins und Verhaltens heraus, die bis in die Gegenwart das Bild höflicher Verhaltensformen bestimmen. In literarischen wie außerliterarischen Texten wurden sie konzipiert, reflektiert und propagiert. Am Beispiel der Literatur im Umfeld des Habsburgerhofs in Wien und des erzbischöflichen Hofs in Salzburg im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts wendet das Buch den Blick von der courtoisen Verhaltenslehre des Hochmittelalters auf spätmittelalterliche Konzepte höfischer Verhaltensregulierung. Es zeigt exemplarisch die religiös-theologische Transformation höfischer Lebensideale in spätmittelalterlichen Texten und verweist so auf die Spannung zwischen Diesseits- und Jenseitsorientiertheit einer aristokratischen Lebenswelt im Übergang von der Vormoderne zur Moderne.