Das 'Nibelungenlied' betritt die literarische Bühne um 1200 als altbekannter Neuling: Gemeinsam mit seinem Schwesterepos, der 'Klage', läßt es einen Stoff zu Literatur werden, der über Generationen hinweg als mündliche Geschichtsüberlieferung tradiert worden war. Seinem Vorbild folgend entstehen im Verlauf des 13. Jahrhunderts weitere Heldenepen, die mit dem Sagenkreis um Dietrich von Bern gleichfalls einen historischen Stoff literarisch umsetzen.
Die vorliegende Arbeit untersucht, welche Rolle die Geschichtlichkeit der heroischen Tradition im Prozeß der Literarisierung spielt: Sind sich die neu entstehenden Heldenepen dieser Geschichtlichkeit noch bewußt? Auf welche Weise setzen sie sich mit ihr auseinander? Und inwiefern darf Geschichtlichkeit auch als Signum literarischer Heldendichtung gelten?