Das Jahrbuch hat sich die Erforschung der deutschsprachigen Literatur der 50er Jahre zum Schwerpunkt gesetzt. Ins Blickfeld gerät damit eine Dekade höchster Ambivalenz, deren Eckpunkte mit Konservatismus und Avantgarde nur sehr grob benannt sind. Kontinuität und Diskontinuität in engem Nebeneinander bestimmen das literarische Feld. Fortschreibungen im doppelten Wortsinn sind zu konstatieren – ein ungebrochenes Weiterschreiben bewährter Muster und Inhalte über die Weimarer Republik und das Dritte Reich hinweg, aber auch ein Sich-Weg-Schreiben von den kompromittierten Schreibhaltungen und der kontaminierten Sprache des NS-Staates. Während im Westen Deutschlands die Werke konservativer Autorinnen und Autoren den Buchmarkt zahlenmäßig beherrschen, repräsentieren die Autorinnen und Autoren ästhetischer Innovationen den bildungsbürgerlichen Wunsch nach Anschluß an die internationale Moderne. In der DDR reglementieren die Doktrin des sozialistischen Realismus und die staatliche Papierzuteilung das literarisch Machbare.