Angesichts der demografischen Entwicklung stellt dieses Buch einen längst überfälligen Abriss der gesellschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen und der entwicklungspsychopathologischen, (psycho)therapeutischen und diagnostischen Ansätze in der interkulturellen Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie dar. Die Aufgabenstellungen in diesem Fachgebiet sind äußerst komplex, da die Grenze zwischen "Normalität" und "Pathologie" auch kulturell determiniert ist. Der Umgang mit psychisch kranken Zuwandererkindern erfordert ein umfassendes Wissen und gleichzeitig eine stetige Bereitschaft des Infragestellens von Selbst-Verständlichkeiten und Halbwissen über Migration. Der Band präsentiert gleichzeitig die vollständigen Ergebnisse der "Essener Feldstudie" mit türkischstämmigen Zuwandererfamilien, zeigt die Gründe für die sogenannte Inanspruchnahmebarriere psychiatrischer Behandlungen auf, benennt übliche Bewältigungsstrategien, entwickelt eine Familientypologie und eine individuelle Typologie für Zuwandererkinder. Zudem wird der Diskurs um den "Alpha-Bias" (Migrantenkinder sind anders als wir, man kann sie nicht verstehen und braucht Spezialisten) gegenüber dem "Beta-Bias" (alle Menschen sind in ihrer Entwicklung und ihrer Psychopathologie gleich) im Fachgebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie eröffnet.