Leibniz’ Philosophie zählt zu den best erschlossensten der Geschichte. Steht somit für viele Fragen ein mehr oder weniger dezidiertes Spektrum an Antworten zur Verfügung, und gibt es auch einige abweichende Interpretationen von Gewicht, so trifft dies für ein Verhältnis nicht zu: ihre Beziehung zu den Künsten, die insbesondere in seiner Lebenszeit eine große Blüte in ganz Europa erlebten. Wahrscheinlich ist vor allem die platonische Wurzel dafür verantwortlich, dass sich Leibniz nicht eingehend mit den Künsten selber – und nicht nur ihren Theorien (p.e. der Temperaturlehre) – auseinandergesetzt hat. Die Publikation sucht dem abzuhelfen, zum Teil auf Wegen, die schon frühere angerissen haben: an erster Stelle zum Harmoniebegriff (Riley/Poser), zur Literatur (Gaede) und Oper seiner Zeit und Metastasianischen Operntheorie (Miller), sodann zur Grundlegung der Ästhetik, insoweit sie Baumgarten vorausgreift (Peres), zum Übel und der Rationalisierbarkeit eines Kunstwerks im Gegensatz zur Welt (Nussbaum), schließlich zur Malerei mitsamt der geheimnisvollen Rolle der Perzeption (Wilkens).
Eine längere Einführung behandelt weit gestreute Aspekte, welche zum Teil den Beiträgen vorausgreifen, ansonsten aber auch Themen wie Substanz und Werkbegriff, den Geschmack von Seiten des Bel Gout und das Verhältnis der Perzeption zu Historie und Historiografie anschneiden. Nicht zuletzt fehlt hier auch das Thema der Logik in den Künsten nicht sowie Maschine und Kunstwerk, stets mit Rückbeziehung auf Leibniz’ Vorstellung und Ausarbeitung der Charakteristik.
Die Publikation macht Leibniz nicht zu einem Kunsttheoretiker seiner Zeit (noch einer späteren oder früheren). Sie lässt aber Fundamente durchscheinen, und sie zeigt, wo diese erneut angegangen werden können, sei es im Rahmen der Tradition des Realismus und der heutigen Kunsttheorie, sei es für (noch immer offene) Beziehungen zu den historischen Kunsttheorien und, nicht zuletzt, Künsten selber.