„Es ist ein schrecklicher Traum … es ist etwas, das sich darstellt
in mir, ich sehe jetzt, daß man es darstellen kann … du merkst
dann, daß es keine Traumrätsel gibt, sondern nur Rätsel, Tagrätsel,
unverlautbare chaotische Wirklichkeit, die sich im Traum zu
artikulieren versucht, die dir manchmal genial zeigt, in einer
Komposition, was mit dir ist, denn anders würdest du’s nie begreifen …“ (Das Buch Franza) Der Traum ist eine der Konstanten im Werk Ingeborg Bachmanns. Von der frühen Prosa bis hin zum Spätwerk – immer wieder finden sich Texte, die traumartig gestaltet sind oder in denen nächtliche Traumerlebnisse dargestellt und erörtert werden. Die vorliegende Studie erschließt erstmals die semantischen sowie gestalterischen Prinzipien dieser Traumdichtungen. Ausgehend von detaillierten Einzeltextanalysen, etwa des bekannten Traumkapitels im Roman Malina, ermittelt Christine Steinhoff in Bachmanns Prosa eine werkübergreifende, an bestehende Traumdiskurse anknüpfende Traumpoetologie. Als Kernstück dieser Poetologie erweist sich die Vorstellung, im Traum und in dessen literarischer Nachahmung könnten endlich die Grenzen des Sagbaren überwunden werden. Es zeigt sich, daß Ingeborg Bachmann in ihren poetischen Traumnachbildungen das einzufangen sucht, was jenseits der Darstellbarkeit liegt: die „unverlautbare chaotische Wirklichkeit“.