Wenn von deutscher Kolonialgeschichte die Rede ist, dann wird zumeist Leben und Herrschaft der Deutschen in Afrika, China oder der Südsee thematisiert. Unberücksichtigt bleibt dabei oft, dass die Richtlinien der Kolonialpolitik in Berlin ausgearbeitet und dann den Kolonialbeamten vor Ort übermittelt wurden. Eine der wichtigsten Institutionen für einen solchen Imperialismus vom Grünen Tisch war der 1891 gegründete Kolonialrat. In diesem Beratungsgremium für Reichstag und Regierung debattierten Unternehmer, Bankiers, Missionarsvertreter und Koloniallobbyisten die Prioritäten der deutschen Kolonialpolitik, wobei wirtschaftliche und machtpolitische Interessen eindeutig dominierten. Hartmut Pogge von Strandmann analysiert in diesem Buch auf Basis bislang kaum ausgewerteter Quellen erstmals umfassend die Arbeit und die Einflußnahme des Kolonialrats, untersucht das Verhalten seiner Mitglieder, beleuchtet die Hintergründe der Diskussionen und zeigt, wie kolonialpolitische Entscheidungen in Berlin zustande kamen.