Roger Chickering ist einer der profiliertesten amerikanischen Historiker, die sich mit der Geschichte des Deutschen Kaiserreiches und des Ersten Weltkrieges befassen. Nun legt er die bisher umfassendste Geschichte einer deutschen Stadt im Ersten Weltkrieg vor, die Geschichte Freiburgs im Breis-gau, eine Darstellung, die ob ihrer Eindringlichkeit, ihrer Anschaulichkeit und ihres Zugriffs exemplarischen Charakter beanspruchen darf.
Roger Chickering begreift den Ersten Weltkrieg als totalen Krieg, und so schreibt er die Geschichte Freiburgs als 'totale Geschichte'. Sie beginnt mit dem Tag, an dem die Bürger der Stadt vom Ultimatum Österreichs an Serbien erfuhren, am 24. Juli 1914, und sie endet am 11. November 1918, dem Tag des Waffenstillstands.
Der Krieg drang in das Leben eines jeden Menschen in Freiburg ein. Er wurde zu einer allumfassenden, totalen Erfahrung, die keinen Mann, keine Frau, kein Kind und keinen Teil des Lebens der Stadt aussparte. Der Krieg beherrschte Handel und Gewerbe, Verwaltung und Vereine, Kirche und Universität, Arbeit und privates Leben. Sogar in das Leben der Tiere drang
er ein. Er schuf paralysierende Engpässe bei der Herstellung und Verfügbar-keit von Nahrungsmitteln, Brennstoff und anderen lebenswichtigen Ressour-cen. Er verwischte systematisch die Grenzen zwischen Kriegs- und Heimat-front, seit am 6. August 1914 die ersten französischen Flugzeuge über der Stadt auftauchten. Bis zum Kriegsende hatte Freiburg mehr Luftangriffe zu erdulden als jede andere deutsche Stadt.
Im Sinne einer totalen Geschichte zeigt Chickering sogar, wie sich der Krieg den Sinnen der Freiburger aufdrängte: sie konnten ihn sehen, hören, fühlen, riechen und schmecken, während er sie und die Stadt materiell und moralisch erschöpfte, viele von ihnen zwang, die Stadt zu verlassen, und ihre sozialen Beziehungen untergrub.
Ein großartiges Buch: die glänzende Geschichte einer Stadt im Kriege, eingebettet in die Geschichte der Nation, und die plastische Beschreibung der Heimatfront 1914-1918.