Im Stanis?aw-Lem-Archiv befinden sich zahlreiche Durchschläge von Briefen, die der wohl bekannteste Autor Polens in seiner Muttersprache, aber auch auf Englisch oder Deutsch verfasst hat. Adressaten waren u. a. die amerikanische Autorin Ursula K. Le Guin, der Verleger Siegfried Unseld und das Kulturdezernat des ZK der Vereinigten Polnischen Arbeiterpartei. Als sein Brieffreund Philip K. Dick, einer der wichtigsten Science-Fiction-Autoren Amerikas, 1974 einen schizophrenen Schub hatte, warnte er das FBI eindringlich vor dem Phänomen Lem: "Ich bin absolut davon überzeugt, dass sich hinter dem Namen LEM kein einzelner Autor verbirgt, sondern eine konspirative Gruppe mit Sitz in Krakau, deren Ziel die kommunistische Unterwanderung der Vereinigten Staaten ist. Es ist nämlich ausgeschlossen, dass ein einziger Mensch Verfasser so umfangreicher und unterschiedlicher Werke (in Stil, Form und Gattung) sein kann".
Die Briefe Lems bestätigen die Ausdrucksvielfalt des Schriftstellers: als wahre Satz-Symphonien bringen sie die Klaviatur der Worte virtuos zum Klingen, wobei jede einzelne "Partitur" ihren ganz individuellen Charakter hat. Mal kämpft der Autor mit Sarkasmus gegen die Indolenz staatlicher Institutionen, mal diskutiert er hochintellektuell wissenschaftlich-ethische Probleme. Die Briefe erhellen die philosophischen und literarischen Konzepte des Autors und liefern Interpretationen zu seinen Werken, die auf der ganzen Welt immer wieder begeistert gelesen werden.