„Da wir nun einmal die Resultate früherer Geschlechter sind, sind wir auch die Resultate ihrer Verirrungen, Leidenschaften und Irrtümer, ja Verbrechen.“ Friedrich Nietzsche hat Recht bis heute. Sein Verdikt gilt auch für die anhaltende Auseinandersetzung der Deutschen mit ihrer NS-Vergangenheit 63 Jahre nach Kriegsende. Die Grass-Debatte im Jahr 2006 ließ die Bezogenheit auf die eigene Geschichte einmal mehr greifbar werden. Ausgerechnet der bekennende linke Literaturnobelpreisträger bekannte sich öffentlich zu seiner kurzzeitigen Mitgliedschaft in der Waffen-SS. Die folgende publizistische Kontroverse wurde heftig, teils polemisch, in jedem Fall aber stark polarisierend geführt. Wie kam es zu dieser eruptiven Heftigkeit? War die Debatte lediglich ein neuer Höhepunkt in der Bewältigung der eigenen Vergangenheit? Oder spielten neue Beweggründe in der Auseinandersetzung von Zeitzeugen-, 68er- und Enkelgeneration in die hitzige Debatte hinein? Mit einem Drei-Generationen-Modell zeichnet Britta Gries den Umgang mit der NS-Vergangenheit von 1945 bis heute nach. Anschließend unterzieht sie die Grass-Debatte einer Kritischen Diskursanalyse.