Das Wunderbare widerspricht den Prämissen des künstlerischen Realismus, dessen Erzähltexte sich als Abbilder einer wunderlosen Wirklichkeit ausgeben. Um so rätselhafter ist der beiläufige Auftritt wunderbarer Ereignisse in prominenten realistischen Erzählungen und Romanen. Zunächst ergeben sich zwei Fragen: 1. Mit welchen Verfahren gelingt es den Texten, ihren realistischen Charakter zu bewahren, obwohl die erzählte Welt wunderbare Ereignisse zuläßt? 2. Weshalb taucht das Wunderbare überhaupt in realistischen Texten auf, wenn es zum einen poetologisch disqualifiziert ist, zum anderen den realistischen Charakter der erzählten Welt aufs Spiel setzt?

Diese Untersuchung entwickelt eine strukturalistische Poetik der Realismus- inkompatiblen Episode, sie ordnet das Phänomen literaturgeschichtlich ein und erhellt seine künstlerischen Funktionen. Das begrenzte Wunderbare wird dabei in eine realitätssystemische Gesamtsystematik integriert.

Indem die Analyse das Phänomen anschließend mit der Literatur des Magischen Realismus in Beziehung setzt, wird ein zweites, weitergehendes Ziel verfolgt, nämlich eine umfassende Poetik jener Literaturformen zur Verfügung zu stellen, die mit dem Wunderbaren verbunden sind.