Martin Heidegger und Hans-Georg Gadamer sind die beiden herausragenden Gestalten für die philosophische Hermeneutik des 20. Jahrhunderts. Durch sie vor allem wurde aus der ›Auslegekunst‹ eine Wirklichkeitsinterpretation mit universalem Anspruch. Jean Grondin zeigt den Entwicklungsweg von Heideggers Daseinsanalyse in ›Sein und Zeit‹ zu Gadamers ›Wahrheit und Methode‹ auf. Hervorragend gelingt es ihm, auch schwierige Gedankengänge gut nachvollziehbar darzustellen. Vor allem aber arbeitet Grondin sowohl an Heidegger als auch an Gadamer Aspekte heraus, die bisher in der Interpretation kaum beachtet wurden. So zeigt er zum Beispiel, wie sich Heideggers Art zu philosophieren an Augustinus’ ›Confessiones‹ orientierte. Er stellt die Bedeutung von Ästhetik, Fest, Spiel und Ritual für Gadamers Hermeneutik heraus und schlägt die Brücke zur französischen Philosophie (Paul Ricoeur). Besondere Beachtung verdient auch das erste Kapitel des Buches, in dem Grondin detailliert die Entwicklung der philosophischen Hermeneutik aus der Rhetorik heraus beschreibt. Grondins Buch ist damit eine hervorragende vertiefende Ergänzung seiner renommierten ›Einführung in die philosophische Hermeneutik‹ (2., überarb. Aufl. 2001).