Fiktionale literarische Erzähltexte sind nicht notwendig. Sie müssten nicht so sein, wie sie sind. Sie hätten immer auch noch anders oder gar nicht geschrieben werden können. Alles, was sie darstellen, ob Figuren, Geschichten oder phantastische Welten, ist zugleich eine Realisierungsweise ihrer Kontingenz. Das Buch plädiert deshalb dafür, das fiktionale Erzählen prinzipiell nicht als eine diskursive Aktualisierung von Ordnung zu denken, sondern von Kontingenz. Das erweist sich besonders dann als ungemein produktiv, wenn die Texte die Zufälligkeit ihrer darstellenden Verfahren augenscheinlich nicht hinter einer dargestellten Abfolge verbergen, sondern sich offensiv von der Möglichkeit leiten lassen, zu jedem Zeitpunkt auch anders oder nicht mehr fortfahren zu können. Das Erzählen wird zu einer neugierigen, offenen, unvorhersehbaren Erkundungs- und Probeaktivität, die ihre eigene Legitimation noch überhaupt nicht kennt. Anhand detaillierter, historisch informierter Lektüren von Nashes Unfortunate Traveller, Sternes Tristram Shandy, Byrons Don Juan sowie Joyces Ulysses und Becketts Ping wird gezeigt, wie das Problem der Kontingenz so in überraschender Vielfältigkeit immer wieder als etwas anderes zur Anschauung kommt und doch nie vollständig davon repräsentiert werden kann. Die Texte stellen dar, was sie selber sind: Kontingenzformen. Mit diesem neuartigen Analyseansatz leistet der Band nicht nur einen wichtigen erzähltheoretischen Beitrag zur Diskussion um den Kontingenzbegriff, sondern führt an den Texten vor, wie Literatur Kultur und Kultur Literatur erzeugen kann, ohne dass sich das eine auf das andere reduzieren ließe.