Seit den 1990er Jahren werden Mondkalender in großer Zahl als Ratgeberbücher, Taschenkalender und Zeitschriftenrubriken publiziert. Sie geben Anregungen für viele Tätigkeiten des Alltags: Haare schneiden, Pflanzen säen, Holz schlagen oder die richtigen Zeitpunkte für Gesundheit und Wellness. Die Autoren berufen sich dabei auf ein „altes Wissen“, das über Jahrhunderte mündlich tradiert worden sei und nun neue Impulse für ein Leben im „Einklang mit den Mondrhythmen“ geben soll.

Die vorliegende Studie rekonstruiert die komplexe Entstehungsgeschichte und hinterfragt Inhalt und Gebrauch moderner Mondkalender. Es wird deutlich, dass es sich bei diesen um ein relativ modernes Phänomen handelt. Versatzstücke elitärer Welterklärungssysteme wurden mehrmals neu kontextualisiert und in ein kohärentes System von Mondregeln kombiniert, das aktuelle Bedürfnisse aufgreift. Während eine historische Praxis kaum belegt werden kann, zeigt sich heute deutlich der Einfluss verschiedener populärer Medien bei der medialen Konstruktion lunarer Wirklichkeit.