Was macht die Themen Gewalt und Wahnsinn so faszinierend? Wie kommt es, dass dieselben Stereotypen sich immer wieder neu in der Alltagskultur breit machen? Der moderne Horror begann mit dem Gothic Revival im England des späten 19. Jahrhunderts. Anstelle der rationalen, symmetrischen Klassik trat auch in der Literatur das Ungeordnete, Bizarre. Der moderne Horror endete auch in Deutschland nicht mit dem Abklingen der Romantik, sondern lebte fort, sogar in dem meist als Kontrast zur Romantik gesehenen Naturalismus. Wie nah sich die beiden Strömungen am Anfang waren, ist in der deutschen Literaturwissenschaft leider fast in Vergessenheit geraten. Kathrin Geltinger zeigt Unterschiede und Gemeinsamkeiten englischer und deutscher Literatur in diesem Genre. Die in den englischen Literaturwissenschaften als Gothic Writing bezeichneten Elemente werden leicht verständlich erklärt und ergänzt und in vier Beispiel-Analysen in ihrer praktischen Umsetzung vorgeführt. Sowohl dem angehenden Geisteswissenschaftler als auch dem interessierten Laien vermittelt das Buch inspirierende Einblicke in die Mechanismen der oft verpönten aber dafür umso erfolgreicheren Massenliteratur der Horrorschocker und Thriller. Trivialliteratur ist für ihre Leser eben alles andere als trivial; sie hat eine Bedeutung, die es zu entschlüsseln gilt.