Ob Brooks-Brothers-Anzüge in den Vierzigern, Rüschenhemden in den Sechzigern oder, in den achtziger Jahren, Sonnenbrillen wie riesige Facettenaugen – Miles Davis war in Stilfragen immer ganz vorne mit dabei. Wenn er die cool pose vielleicht auch nicht erfunden hat, wenn es auch vor seiner Zeit schon verwandte „Verhaltenslehren der Kälte“ gab, so hat Miles Davis doch maßgeblichen Anteil an ihrer Weiterentwicklung gehabt. Der einflussreichste Musiker der Jazzgeschichte ist er ohnehin – nicht zuletzt dadurch, dass er mit seiner Platte Birth of the Cool dem Cool Jazz einen Namen gegeben hat.
Erst im Spannungsverhältnis von Stärke und Schwäche, von Hitze und Kälte, Strenge und Zärtlichkeit entsteht Coolness. Nirgends zeigt sich das besser als in Miles Davis’ Musik: seine Trompete kann klingen wie geeist, sein Ton klar und fest, frei von Vibrato, mitunter scharf und durchdringend. Zugleich aber spielt er die zartesten Melodien, bläst er Balladen so rein und schlicht, dass einem die Tränen kommen. Diese Momente, musikalische wie biografische, betrachtet der Essay von Tobias Lehmkuhl genauer. Er erkundet, wie sich die cool pose in Davis´ Freundschaften und Feindschaften, seinen Liebesbeziehungen, Vorlieben und Abneigungen, in seinen politischen und ästhetischen Anschauungen, seiner Art aufzutreten und aufzuspielen, abzeichnete.