Die erste eingehende Analyse von Gottfried Benns Schlüsseltext »Der Garten von Arles«.

Gottfried Benns Schlüsseltext »Der Garten von Arles« (1920) spiegelt die Epochenzäsur nach dem Ersten Weltkrieg: Mit seinen rauschhaften, »hirnentbrannten« Visionen und seiner Wortmächtigkeit bereitet Benn der von Hofmannsthal beschworenen Sprachkrise ein Ende. Auf höchstem Niveau erprobt er seine Assoziations- und Montagetechnik; auch Malerei und Selbstzeugnisse bildender Künstler sind ihm nicht nur Stimulans zum Schreiben, sondern Materiallager, aus deren Beständen er seinen »Garten« reichlich bestückt und zum Blühen bringt.
Friederike Reents zeigt, wie sich der Text an der Schwelle zwischen Expressionismus und Neuer Sachlichkeit als paradigmatisch und zugleich visionär erweist: Noch vor Joyce sprengt der junge Benn Zeit-, Raum-, aber auch Gattungsgrenzen. Er nimmt den französischen Surrealismus vorweg und schreibt dem hoch komplexen Text immanent seine Poetik ein, die er dreißig Jahre später in seiner Marburger Rede »Probleme der Lyrik« in der Behauptung zuspitzt, ein Dichter könne nur »sechs bis acht vollendete Gedichte« überhaupt schreiben. »Der Garten von Arles« reflektiert die Suchbewegung des modernen Dichters nach dem einen vollendeten Gedicht.