Während sechs Jahrzehnten prägte der NZZ-Feuilletonchef und Literaturprofessor Werner Weber (1919–2005) die Literatur seiner Zeit. Die von ihm hinterlassene Korrespondenz lässt ein Stück Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts wieder aufleben. Er verkehrte selbstbewusst mit Thomas Mann und Hermann Hesse und war ein einfühlsamer Kritiker und verständnisvoller Förderer junger Autoren. Als Erster veröffentlichte er Texte von Dürrenmatt und Frisch, von Otto F. Walter, Hugo Loetscher, Adolf Muschg und Hermann Burger. Bisher unpublizierte Briefwechsel u. a. mit Max Frisch, Emil Staiger, Karl Schmid und C. J. Burckhardt zeigen, dass der berühmte Zürcher Literaturstreit 1966/67 eine lange Vorgeschichte hatte. Menschlich berührend ist die Korrespondenz mit Paul Celan und Nelly Sachs, die Weber während ihres letzten Lebensjahrzehnts auf ihrem vom Holocaust überschatteten Weg begleitete.
Aus Briefen an Werner Weber:
«Ich eile, Ihnen zu sagen, wie dankbar ergriffen ich bin von der tiefen Betrachtung, die Sie im heutigen Morgenblatt dem Krull-Roman gewidmet haben.» Thomas Mann
«[...] wenn ich mich bei Ihnen bedanken möchte, so sei es nicht für das Lob, das mich natürlicherweise freut; man kann sich dafür so wenig bedanken, wie man sich über das Gegenteil beschweren kann – aber für Eines darf man danken: für die ernsthafte und gewissenhafte Arbeit!» Max Frisch
«Sie machen aus der Kritik der Literatur eine Kunst.» Marcel Reich-Ranicki
«Sie gewährten mir die Möglichkeiten zu publizieren, zu einer Zeit, wo wenige nach meinen Manuskripten fragten [...].» Hugo Loetscher
«[...] es ist und bleibt mißlich im höchsten grade, daß ein kritiker ihres ranges nicht durch bücher die wirkung übt, die ihm zukäme und die wir bitter nötig hätten. so werden die werke zweitrangiger leute in deutschland mit der zeit maßgebend werden.» Hans Magnus Enzensberger